Luxemburg-Stadt (HELVILUX) — Am 27. Juni 2025 wurde eine der von der Gemeinde Sanem im Rahmen des Pride Month und der Luxembourg Pride Week angebrachten “LGBTIQ+ Freedom Zone” Dekorationen in der Rue de la Croix in Soleuvre von unbekannten Tätern beschädigt. Der Vorfall führte zu einer offiziellen Stellungnahme der Gemeinde Sanem und zu zahlreichen öffentlichen Solidaritätsbekundungen für die LGBTQ+ Gemeinschaft sowie zur Verurteilung der Tat. Inzwischen hat sich die Situation jedoch anders entwickelt.

Ein Beispielaufkleber, der in der Zeitschrift abgedruckt ist, wurde zusammen mit Regenbogenflaggen und anderen LGBTQ+-Symbolen in öffentlichen Räumen in Luxemburg angebracht. Während ein einzelner Aufkleber als politische Aussage wahrgenommen werden könnte, beschreiben Anwohner darunter auch einige, die LGBTQ+-Rechten grundsätzlich nicht ablehnend gegenüberstehen die massenhafte Platzierung identischer Aufkleber auf Wänden, Straßenmobiliar und anderen Oberflächen als Vandalismus. Der ADR Abgeordnete Fred Keup hat das Thema aufgegriffen und zu einer überregionalen Debatte gemacht.

Eine kürzlich eingereichte parlamentarische Anfrage (Nr. 3308) Klicken Sie hier, um das Schreiben zu lesen, eingereicht von ADR-Abgeordnetem Fred Keup, hat eine Debatte über die staatliche Unterstützung des LGBTQ+-Magazins queer.lu ausgelöst, das sowohl vom Staatsministerium als auch vom Ministerium für Gleichstellung der Geschlechter und Vielfalt kofinanziert wird.
Keup äußerte Bedenken bezüglich mehrerer Artikel und visueller Inhalte in der Herbstausgabe der Zeitschrift und argumentierte, dass bestimmte Inhalte im Widerspruch zu kommunalen Vorschriften stehen oder zur politischen Polarisierung beitragen könnten. Unter anderem hervorgehoben wurde eine Empfehlung, Leserinnen dazu anzuregen, Aufkleber von linksgerichteten Kollektiven in öffentlichen Räumen zu bestellen und zu verteilen. Ein in der Zeitschrift abgebildetes Beispiel trägt den Aufdruck: “DIE (sic!) FINANCIAL CENTER“. Laut Keup würde die großflächige Anbringung von Aufklebern eine „unkontrollierte Nutzung des öffentlichen Raums“ darstellen, die den lokalen Regeln für öffentliche Darstellungen unterliegt.
Ein weiterer Streitpunkt ist ein in der Zeitschrift abgedrucktes Schild mit der Aufschrift “Shut up“. Keup stellte die Frage, wie eine solche Wortwahl in den Kontext einer LGBTQ+ Publikation passt und ob Steuergelder für Material verwendet werden sollten, das er als politisch aufgeladen oder potenziell polarisierend betrachtet.

Zu diesem Thema erklärte Herr. Keup gegenüber Helvilux Media, dass das Magazin queer.lu (das staatliche Fördermittel erhält) Inhalte veröffentlicht habe, die Leserinnen und Leser dazu ermutigen, Sticker im öffentlichen Raum anzubringen obwohl viele Gemeinden dies ausdrücklich verbieten. Er stellte daher die Frage, warum der Staat eine Publikation finanziell unterstützt, wenn diese dazu aufruft, kommunale Vorschriften zu verletzen.
Keup verweist außerdem auf den satirischen Sticker “STIERW FINANZPLAZ / Die Financial Center” (ein fiktiver Protest-Sticker, der im Rahmen eines illustrierten Comics verwendet wurde). Er betrachtet diesen Inhalt als gegen den Finanzsektor gerichtet und somit als “hasserfüllt” gegenüber einem der wichtigsten wirtschaftlichen Pfeiler Luxemburgs. Daher stellt er die Frage, “Warum der Staat Inhalte finanziert, die sich feindlich gegenüber einem essenziellen Wirtschaftssektor des Landes äußern?”

Zudem hinterfragt Keup, weshalb eine queere Publikation, die zur Förderung der Rechte und Sichtbarkeit von LGBTIQ+-Personen staatlich unterstützt wird, Inhalte veröffentlicht, die sich negativ über das Finanzzentrum äußern. Dieses Thema habe keinerlei Bezug zu LGBTIQ+-Rechten, weshalb er fragt: “Warum werden Steuergelder für politische oder ideologische Botschaften verwendet, die nichts mit LGBTIQ+ Anliegen zu tun haben?“
Die Ministerien haben bisher noch keine öffentliche Stellungnahme zu der Anfrage abgegeben. Die Debatte berührt breitere Fragen über das Gleichgewicht zwischen staatlicher Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen, Meinungsfreiheit in öffentlich finanzierten Medien und der Einhaltung lokaler Vorschriften.
Helvilux hat außerdem die Ville de Luxembourg sowie weitere Gemeinden im Land kontaktiert, um Informationen über die geltenden Vorschriften zu Vandalismus im öffentlichen Raum zu erhalten darunter das illegale Anbringen von Postern, Stickern oder anderer Graffiti, ebenso wie über die bisher verhängten Bußgelder. Wir erkundigten uns auch nach Maßnahmen, die künftig Vandalismus verhindern sollen. Bis Redaktionsschluss lag jedoch keine Antwort vor. Sollte zu einem späteren Zeitpunkt eine Rückmeldung eingehen, werden wir diese selbstverständlich für unsere Leserinnen und Leser veröffentlichen.
Zunehmende Feindseligkeit gegenüber der LGBTIQ+-Gemeinschaft

Zwischen 2022 und 2024 wurden etwa 180 Geldstrafen wegen homophober Vorfälle (eingestuft unter “Diskriminierung”) verhängt, was einen klaren Aufwärtstrend zeigt. Zwischen 2020 und 2023 wurden 37 Fälle von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung gemeldet (von insgesamt 950 bearbeiteten Fällen), mit einer auffälligen Zunahme in den letzten Jahren. In den letzten fünf Jahren (bis 2025) gab es 52 Verurteilungen wegen Volksverhetzung; weitere Fälle befinden sich noch in Untersuchung.
Ein Vorfall im Jahr 2023 verdeutlichte die zunehmenden politischen Spannungen: Die Fokus-Partei berichtete, dass mehrere ihrer Wahlplakate mit rassistischen Beleidigungen gegen Kandidaten mit untraditionellen luxemburgischen Namen vandalisiert wurden. Parteichef Frank Engel verurteilte die Angriffe als “blinde Fremdenfeindlichkeit“ und kündigte eine Strafanzeige bei der Polizei an. Er betonte, dass die luxemburgischen Gemeinden auf Migration und Vielfalt aufgebaut sind. Der Vandalismus ereignete sich kurz nachdem in Echternach vor den Gemeindewahlen am 11. Juni eine tote Katze auf einem Wahlplakat der Grünen entdeckt worden war.

Im Jahr 2024 flammten Spannungen rund um LGBTQ+-bezogene Veranstaltungen erneut auf, als Drag-Künstler Tatta Tom und der ehemalige ADR-Kandidat Tom Weidig in einer RTL-Debatte aufeinandertrafen. Weidig, dessen frühere Social-Media-Beiträge eine Welle von Online-Hass gegen Tatta Tom ausgelöst hatten, argumentierte, dass der bunte Charakter des Künstlers für Schulen ungeeignet sei und die institutionelle Neutralität gefährde. Hecker betonte hingegen, dass Tatta Tom eine harmlose, überzeichnete Märchenfigur sei, die Vorlesestunden lebendiger mache. Die Auseinandersetzung weitete sich auf breitere Diskussionen über die Sichtbarkeit von LGBTQ+ aus: Weidig äußerte Sorgen über das, was er als Anstieg von “Transsexualität“ bezeichnete, während Hecker erwiderte, dass Offenheit jungen Menschen helfe, sich selbst besser zu verstehen. Die Debatte verdeutlichte, wie kulturelle Programme in Schulen zunehmend zu einem Brennpunkt politischer und sozialer Spannungen in Luxemburg geworden sind.

Der mangelnde Fortschritt bei der Verbesserung der LGBTQ+ Rechte in Luxemburg führte dazu, dass das Land in einem internationalen Ranking auf den siebten Platz abrutschte, nachdem es 2021 noch den dritten Platz belegt hatte.
In diesem Jahr geriet am 8. Februar 2025 der ADR Abgeordnete Tom Weidig unter starke Kritik, nachdem er einen Facebook-Kommentar “gelikt” hatte, der die Vernichtung von LGBTIQ+-Menschen forderte. Der Kommentar war unter seinem eigenen transphoben Statement gepostet worden, in dem er dem ehemaligen US-Präsidenten Trump dazu gratulierte, dass dieser transgeschlechtliche Sportler innen von Teamsportarten ausgeschlossen hatte. Rosa Lëtzebuerg (eine asbl, die die Luxembourg Pride organisiert) verurteilte sowohl den Beitrag als auch Weidigs Interaktion mit der Hassrede und merkte an, dass seine späteren Entschuldigungen eher reaktiv als aufrichtig wirkten. Der Verein hat Strafanzeige gegen den Kommentar und Weidigs Zustimmung eingereicht und fordert seinen Rücktritt.
Der Rückgang setzte sich in der Ausgabe 2024 des Rainbow Europe Index fort, der von der International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA) veröffentlicht wird. Obwohl Luxemburg es erlaubt, das Geschlecht auf Grundlage der Selbstbestimmung rechtlich zu ändern – was das Land zu einem von nur 11 Staaten im Index macht , erkennt es weiterhin kein drittes Geschlecht oder nicht-binäre Identitäten an. Link zur Nachricht.

Führungskräfte der luxemburgischen Regierung: Langjährige Unterstützerinnen der LGBTIQ+Rechte
Weit davon entfernt, neutral zu bleiben, gehören die aktuellen und vergangenen Regierungen Luxemburgs zu den aktivsten in Europa, wenn es darum geht, die Gleichstellung von LGBTIQ+-Personen voranzutreiben. Die Koalition aus der Demokratischen Partei (DP) und der Lëtzebuerger Sozialistesch Arbechterpartei (LSAP), die seit November 2023 an der Macht ist, hat frühere progressive Politiken ausdrücklich bekräftigt und erweitert.

Premierminister Luc Frieden (CSV)
Als Finanzminister in früheren Kabinetten unterstützte er die Gesetze zur Ehe und Adoption für gleichgeschlechtliche Paare (2014–2015). 2025 verabschiedete seine Regierung den überarbeiteten Nationalen Aktionsplan zur Förderung der Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans-, inter- und queeren Personen (2025–2029), der ein landesweites Verbot von Konversionstherapien sowie verschärfte Maßnahmen gegen Hasskriminalität vorsieht.

Xavier Bettel (DP) – Minister für Auswärtige Angelegenheiten, Medien und Kultur
Offen schwuler ehemaliger Premierminister (2013–2023). Unter seiner Führung legalisierte Luxemburg die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare (2015), gemeinsame Adoptionen sowie den Zugang zu medizinisch unterstützter Reproduktion für lesbische Paare. Er wurde 2015 der erste Regierungschef der EU, der während seiner Amtszeit einen gleichgeschlechtlichen Partner heiratete, und hat wiederholt anti-LGBTIQ+-Politiken in Ungarn, Polen und anderen Ländern verurteilt.

Yuriko Backes (DP) – Ministerin für Gleichstellung der Geschlechter und Vielfalt
Präsentierte den Nationalen LGBTIQ+-Aktionsplan 2025, reformierte das interministerielle Komitee für LGBTIQ+-Rechte und erhöhte die institutionelle Förderung von Organisationen wie Rosa Lëtzebuerg und CIGALE.

Claude Meisch (DP) – Minister für Bildung, Kinder und Jugend
Setzt sich wiederholt für die Einbeziehung von Themen sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Schulcurricula und Lehrerausbildung ein und betonte 2025 in Parlamentsdebatten, dass “Bildung über Vielfalt die beste Waffe gegen Vorurteile ist”.

Martine Deprez (CSV) – Ministerin für Familienangelegenheiten und Integration
Verantwortlich für Intersex-Politik und die Erweiterung der Familienrechte; sicherte Mittel für das neue Rosa Lëtzebuerg Gemeinschaftszentrum, das 2024 eröffnet wurde.

François Koepp – Ehemaliger Justizminister
Setzt die Durchsetzung verschärfter Gesetze gegen Hasskriminalität fort und überwacht die seit 2018 geltende Reform zur rechtlichen Anerkennung des Geschlechts auf Grundlage der Selbstbestimmung (ohne Operation oder Sterilisation).
Die Regierung präsentierte einen aktualisierten Nationalen Aktionsplan für LGBTIQ+ Personen, der unter anderem die Ausarbeitung eines Gesetzes zum Verbot von Konversionstherapien sowie das Verbot nicht einvernehmlicher medizinischer Eingriffe an intersexuellen Kindern vorsieht. Der Plan umfasst 147 Maßnahmen, die von verbesserten Schutzregelungen in Schulen und am Arbeitsplatz bis hin zur Einführung einer “neutralen” Geschlechtsoption auf Ausweisdokumenten und der Neubeurteilung von Blutspenderegeln auf Grundlage individueller Risiken anstelle der sexuellen Orientierung reichen. Ministerin Yuriko Backes betonte, dass Luxemburg trotz Fortschritten nicht von wachsender Anti-LGBTQ+ Feindseligkeit verschont geblieben sei und verwies auf neue Umfragedaten, die hohe Diskriminierungsraten und eine Untererfassung von Vorfällen aufgrund von Misstrauen gegenüber dem Justizsystem aufzeigen.
Als Reaktion auf die anhaltende nationale Debatte, ausgelöst durch die parlamentarische Anfrage des ADR-Abgeordneten Fred Keup zu staatlich geförderten Stickern und mutmaßlichem Vandalismus, wandte sich das investigative Team von HELVILUX an Simone Asselborn-Bintz, Bürgermeisterin von Sanem, jener Gemeinde, in der das beschädigte LGBTIQ+-Schild die jüngste Welle von Spannungen ausgelöst hatte.


Die Bürgermeisterin erklärte außerdem: “Ich setze mich persönlich für die Unterstützung der LGBTIQ+-Gemeinschaften ein und freue mich als Bürgermeisterin, dass die Gemeinde an diesem Engagement teilnimmt. Wir sehen uns als Verbündete und stehen für ein respektvolles, inklusives Miteinander. Das Magazin queer.lu spielt dabei eine wichtige Rolle: Es bietet eine Plattform und eine Stimme für LGBTIQ+ Personen, informiert, sensibilisiert und leistet einen wertvollen Beitrag zu einem konstruktiven gesellschaftlichen Dialog. Die Stickeraktion von Richtung22 ist als kreative, künstlerische Form des Protests gegen unmenschliche Botschaften zu verstehen und soll die Betroffenen schützen. Auch wenn die Motivation nachvollziehbar und gut gemeint ist, sollten Aktionen im öffentlichen Raum idealerweise den geltenden rechtlichen Vorschriften entsprechen.”

Zur Veröffentlichung queer.lu gab die Bürgermeisterin weitere Informationen: “Wer das gesamte Magazin liest, erkennt schnell, dass zahlreiche gesellschaftlich relevante Themen aus der Perspektive der LGBTIQ+ Gemeinschaften behandelt werden. Die Artikel werden sowohl von Journalist*innen als auch von Mitgliedern der Community recherchiert und geschrieben und spiegeln authentisch die Vielfalt ihrer Lebensrealitäten wider. Es ist mir persönlich sehr wichtig, dass alle Menschen unabhängig von Herkunft, sexueller Orientierung, Geschlechtsidentität, Religion oder Alter – in unserer Gemeinde und in unserem Land in Frieden und gegenseitigem Respekt leben können. Die Gemeinde Sanem ist stolz darauf, eine LGBTIQ+ Freedom Zone zu sein. 2024 haben wir unseren ersten Safe Space in Matgesfeld eingerichtet, und unsere Veranstaltungen sind ausdrücklich für alle offen.“
queer.lu veröffentlicht ein vierteljährliches Magazin, das sich auf LGBTQ+-Themen, Kultur und Interessenvertretung konzentriert. Die Publikation erhält seit langem staatliche Unterstützung im Rahmen von Luxemburgs Bemühungen, Gleichstellung, Vielfalt und die Repräsentation marginalisierter Gruppen zu fördern.
LGBTIQ+ Freedom Zone – Sanem
Am 18. Juni 2021 erklärte der Gemeinderat von Sanem (Suessem) einstimmig die gesamte Gemeinde zur “LGBTIQ+ Freedom Zone” eine der ersten Gemeinden im Großherzogtum, die dies einstimmig beschlossen. Ähnliche symbolische Erklärungen wurden seither unter anderem von Luxemburg-Stadt, Esch-sur-Alzette, Differdingen und mehreren weiteren Kommunen übernommen, häufig begleitet von permanenten Regenbogen-Zebrastreifen und Fahnenhissungen während der Pride-Saison.

Während des Pride Month und der Luxembourg Pride Week installierte die Gemeinde Sanem LGBTIQ+ Freedom Zone-Dekorationen in allen vier Ortsteilen, um Offenheit und Inklusion zu fördern. Nachdem eine dieser Installationen in der Rue de la Croix in Soleuvre am Wochenende des 27. Juni 2025 vandalisiert wurde, verurteilte die Gemeinde diesen inakzeptablen Akt nachdrücklich, reichte eine Anzeige ein und bekräftigte ihre unerschütterliche Unterstützung für die LGBTIQ+-Gemeinschaft sowie ihre Ablehnung aller Formen von Diskriminierung und entmenschlichendem Verhalten.
Die differenzierte Position der Bürgermeisterin, die die gesellschaftliche Rolle des Magazins würdigt, gleichzeitig Aktivistinnen jedoch sanft an die Einhaltung der Vorschriften für den öffentlichen Raum erinnert, spiegelt die Haltung mehrerer anderer progressiver Kommunen wider und zeigt den Balanceakt vieler lokaler Entscheidungsträger angesichts wachsender Polarisierung.
HELVILUX holte außerdem eine Stellungnahme vom Rainbow Center (Centre LGBTIQ+ CIGALE / Rosa Lëtzebuerg), der Organisation, die queer.lu herausgibt, ein. Bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung wurde trotz wiederholter Anfragen keine Antwort erhalten.
HELVILUX holte auch eine Stellungnahme vom Rainbow Center (Centre LGBTIQ+ CIGALE / Rosa Lëtzebuerg), der Organisation, die queer.lu herausgibt, ein. Als Antwort gaben Rosa Lëtzebuerg und das Redaktionsteam von queer.lu folgende Erklärung ab: “Angesichts der jüngsten parlamentarischen Anfrage zu einem der in queer.lu veröffentlichten Comics möchten Rosa Lëtzebuerg und die Redaktion von queer.lu die Natur dieses Inhalts klarstellen. Der betreffende fiktionale Comic (Ausgabe 8; Seiten 38/39) nutzt Humor, Übertreibung und spielerische Anspielungen auf die queere Sticker-Kultur, um Themen wie Sichtbarkeit, Fehlinformationen und die Lebenserfahrungen marginalisierter Gruppen im öffentlichen Raum zu untersuchen. Diese parlamentarische Anfrage beruht daher auf einer Fehlinterpretation eines Kunstwerks. Sie erweckt den Eindruck eines rechtlichen Problems, wo keines besteht, und lenkt die Aufmerksamkeit von der substanziellen politischen Debatte ab.“
Sie fügten hinzu: “queer.lu ist eine redaktionell unabhängige Publikation, die sich bemüht, die vielfältigen Stimmen und Erfahrungen der LGBTIQ+ Community Luxemburgs und interessierter Bürgerinnen widerzuspiegeln. Die Behauptung, dass ein fiktionales Comic-Element einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darstellt, entbehrt jeder rechtlichen Grundlage und erscheint uns als Ablenkungsmanöver. Die Redaktion von queer.lu findet es beunruhigend, dass der ADR-Abgeordnete Fred Keup auf der Grundlage eines satirischen Kunstwerks eine Verbindung zwischen LGBTIQ+ Personen und Vandalismus herzustellen scheint. Eine solche Unterstellung zielt darauf ab, unsere Autorinnen/Mitwirkenden einzuschüchtern und ihre durch die Verfassung des Landes garantierte grundlegende Meinungsfreiheit zu unterdrücken. Wir können nicht umhin, diese Frage im größeren Zusammenhang der rechtspopulistischen Rhetorik in ganz Europa zu sehen, wo queere Communities zunehmend als problematisch dargestellt werden, um ihre Menschenrechte zu delegitimieren. Wir bleiben unserem Engagement für kreativen, zum Nachdenken anregenden, communitybasierten Journalismus treu und vertrauen darauf, dass die Öffentlichkeit den Unterschied zwischen diesem fiktiven Comic und einem Aufruf zum Vandalismus erkennt.”

Nicht nur die LGBTIQ+ Gemeinschaft ist betroffen: Es gibt auch zahlreiche Vandalismusvorfälle, bei denen Graffiti, Poster und Aufkleber mit PRIDE oder LGBTQ- sowie FREEDOM-Botschaften in Regenbogenfarben in Luxemburg an öffentlichen Orten angebracht wurden. Allein 2023 wurden innerhalb von sieben Monaten mehr als 300 Vorfälle registriert, bei denen staatliches Eigentum beschädigt wurde, darunter Fälle mit Regenbogenfarben und Pride-Botschaften auf öffentlichen Bänken oder Aufklebern auf öffentlichen Flächen. Insgesamt registrierte die Polizei zwischen 2019 und 2022 einen Anstieg von 44 % bei Zerstörung oder Beschädigung öffentlichen Eigentums. Diese breiteren Vandalismustrends – einschließlich Graffiti, zerkratzter Ausstellungen und beschädigter Infrastruktur – überschneiden sich zunehmend mit LGBTQ+-thematischer Aktivität, insbesondere rund um Pride-Events und symbolische Darstellungen.
Die jüngste Debatte, die durch eine satirische Aufkleber-Illustration in queer.lu ausgelöst wurde, hat die Diskussion über die verschwimmenden Grenzen zwischen Aktivismus und Vandalismus neu entfacht. Während die dargestellten Sticker wie “STIERW FINANZPLAZ”, die den Finanzsektor aus einer queeren Perspektive kritisieren, als fiktive Protestkunst gedacht waren, wurde das massenhafte Anbringen ähnlicher regenbogenfarbener Aufkleber im öffentlichen Raum von Kritikern, Anwohnern und Behörden als Vandalismus bezeichnet mit kostenintensiven Reinigungsarbeiten auf Kosten der Steuerzahler. Dies spiegelt globale Muster wider, bei denen Pride-Symbole sowohl übermäßiger Unterstützung als auch Vandalismus ausgesetzt sind; US-Daten zeigen 2024–2025 Anstiege bei anti-LGBTQ+-Beschädigungen von Flaggen und Wandgemälden.
HELVILUX führte auch allgemeine anonyme Stellungnahmen aus der Bevölkerung an. Die meisten Personen, die grundsätzlich kein Problem mit der LGBTIQ+ Gemeinschaft haben, äußerten: “Wir unterstützen sie nicht und sind ihnen auch nicht feindlich gesinnt, aber wir wollen nicht, dass unsere Steuergelder für die Reparatur von Vandalismus ausgegeben werden. Die LGBTIQ+ Gemeinschaft klebt überall Sticker an die Wände, und am Ende gibt es dann Graffiti gegen LGBTIQ+, das ist Vandalismus und eine Belastung für den Steuerzahler.” Diese Meinungen, die sich auch in Online-Foren und lokalen Umfragen widerspiegeln, verdeutlichen die Frustration über einen wahrgenommenen Kreislauf: Aktivistische Darstellungen führen zu Gegen-Vandalismus, steigenden Kosten und Polarisierung, ohne die eigentlichen Ursachen wie die Untererfassung von Hassverbrechen anzugehen
Breitere Implikationen: Balance zwischen Rechten und Gegenreaktionen
HELVILUX führte auch einige allgemeine anonyme Stellungnahmen aus der Bevölkerung an. Die meisten Personen, die grundsätzlich kein Problem mit der LGBTIQ+-Gemeinschaft haben, äußerten: “Wir unterstützen sie nicht, aber wir sind ihnen auch nicht feindlich gesinnt. Wir wollen nicht, dass unsere Steuergelder für die Reparatur von Vandalismus ausgegeben werden. Die LGBTIQ+-Gemeinschaft und andere Organisationen kleben dort Sticker und Poster überall an öffentliche Wände, und am Ende gibt es Graffiti gegen LGBTIQ+. Das ist Vandalismus und eine Belastung für die Steuerzahler.”

Ein Einwohner aus Düdelingen sagte HELVILUX: “Ich bin einfach ein normaler, heterosexueller Mann, verheiratet, das Übliche. Aber ehrlich? Heute fühlt sich die ‚normale‘ Welt in Luxemburg und in vielen Teilen Europas komplett kaputt an. Die Menschen sind einsam, gestresst, getrennt. Alle schreien, urteilen, canceln einander. Dann schaue ich auf die LGBTIQ+ Gemeinschaft hier, auf die Leute, die ich bei Pride-Events, in Bars oder über Freunde getroffen habe und es ist völlig anders. Sie akzeptieren buchstäblich jeden. Egal wie du aussiehst, woher du kommst oder welches Gepäck du trägst, du wirst respektvoll und ruhig empfangen. Wenn die rechten Politiker in diesem Land wirklich denken, dass die LGBTIQ+ Gemeinschaft das Problem ist, dann gut lassen sie ihr perfektes kleines Dorf bauen und uns dieses Modell zeigen. Einen Ort, an dem normale Luxemburger, die sogenannten ‚normalen‘ Leute, echte psychologische Unterstützung, Verständnis und echtes Glück bekommen. Viel Erfolg dabei. Denn die Wahrheit, die niemand laut sagen will? Selbst viele heterosexuelle Männer und Frauen hier, wenn wir uns verloren fühlen, wenn niemand fragt, wie es uns geht, wenn die eigenen Kreise kalt sind oder auseinanderfallen, finden wir schließlich Freunde in der LGBTIQ+ Gemeinschaft. Warum? Weil sie nicht diskriminieren. Sie öffnen einfach die Tür und sagen: “Komm rein, hier bist du sicher.’ Das ist keine Ideologie. Das ist Menschlichkeit.“

Graffiti ist eine von mehreren Formen des Vandalismus. Selbst wenn es künstlerisch gut gemacht ist, stellt es eine Straftat dar, wenn der Eigentümer des Gebäudes vorher keine Erlaubnis erteilt hat. Dies wird von der Polizei des Großherzogtums Luxemburg immer wieder betont und erklärt.
Eine erfahrene luxemburgische Journalistin, die HELVILUX unter der Bedingung der Anonymität interviewte, kritisierte die Richtung der Debatte. Sie argumentierte, dass das Infragestellen staatlicher Förderung allein aufgrund redaktioneller Inhalte einer Publikation ein gefährliches Präzedenzfallrisiko darstelle. Ähnliche Bedenken seien in der Vergangenheit aufgetreten, wenn Medien mit öffentlichen Fördermitteln regierungskritische Beiträge veröffentlichten, was politische Anfragen auslöste, die indirekten Druck auf die Pressefreiheit erzeugen könnten. Sie fügte hinzu, dass es Fälle gegeben habe, in denen prominente Persönlichkeiten, unzufrieden mit Medienberichten, Beschwerden beim Presserat einreichten, die manchmal außergerichtlich beigelegt wurden, bevor ein Urteil gefällt wurde – was weitere Bedenken über Versuche, die Presse zu beeinflussen oder einzuschüchtern, aufwerfe. In einigen Fällen, so die Journalistin, scheine sich die Berichterstattung “selbst zu verflüchtigen”: Artikel verschwinden, Links funktionieren nicht mehr in Google-Suchen, ganze Berichte werden schwer nachzuverfolgen, was den öffentlichen Zugang zu kritischen Informationen weiter einschränkt.
In dieser Debatte äußerte sich HELVILUX ebenfalls. Aus Sicht der Publikation gebe es “viele drängende Themen in Luxemburg, auf die sich politische Parteien, einschließlich der ADR, konzentrieren könnten, und die beim Publikum stark Resonanz erzeugen würden.” Die Publikation verwies auf Herausforderungen wie Obdachlosigkeit unter luxemburgischen und EU-Bürgerinnen, Sicherheitsbedenken rund um den Luxemburger Hauptbahnhof und wachsende Sorgen um die Zukunft der luxemburgischen Sprache angesichts von Forderungen, Englisch als vierte Amtssprache einzuführen. HELVILUX argumentierte, dass Asylsuchende und undokumentierte Migrantinnen aus Drittstaaten oft sofort Notunterkünfte erhalten, während luxemburgische oder EU-Bürgerinnen, die plötzlich obdachlos werden, längere Wartezeiten auf Unterstützung haben – eine Situation, die als “nicht fair und nicht schützend für die Steuerzahler” beschrieben wurde.
Die Publikation kritisierte außerdem die aus ihrer Sicht unzureichende Transparenz bei öffentlichen Ausgaben für Migrations- und Asylpolitik und betonte, dass diese Themen Teile der Mittelschicht stark belasten. Politische Aufmerksamkeit für soziale Stabilität, kulturelle Bewahrung und das Wohl der Gemeinschaft “würde insbesondere luxemburgischen Mittelstandsfamilien das Gefühl geben, gehört zu werden“, und biete politischen Parteien die Möglichkeit, konstruktiv mit Wähler innen vor Ort zu interagieren.
Gleichzeitig betonte HELVILUX, dass die zunehmende Zahl von Vandalismusfällen (sowohl zugunsten als auch gegen die LGBTIQ+ Gemeinschaft), einschließlich Stickeraktionen und Graffiti, ernsthaft angegangen werden müsse. Die zuständigen Behörden sollten Täter innen identifizieren und bestrafen, da eine konsequentere Durchsetzung eine abschreckende Wirkung hätte.
"Der Täter wird nur zweimal nachdenken, bevor er einen Sticker anbringt oder öffentliches Eigentum besprüht, wenn die Gesetze in Luxemburg streng und konsequent durchgesetzt werden."





